Musik bei Sterbenden

Musiktherapie bei Sterbenden

„Mors certa, hora incerta – Es gibt kaum etwas Gewisseres als den Tod, aber auch kaum etwas Ungewisseres als die Todesstunde.“ (Jox 2013, S. 13)

 

Die Menschen, die ich im Hospiz begleite, sind von einer unheilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung betroffen. In der Regel verbringen sie die letzten 4-6 Wochen ihres Lebens dort. Es kommt vor, dass Menschen nur für wenige Stunden oder Tage im Hospiz einziehen; andere bleiben vielleicht mehrere Monate. Musik kann während dieser Phasen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedene Weise bei Sterbenden eingesetzt werden.

 

Zieht ein Gast im Hospiz ein, ist er mit einer neuen Umgebung, einer neuen Situation und gleichzeitig mit seiner Endlichkeit konfrontiert. Musik kann dabei unterstützen, in dieser neuen Situation anzukommen. Sie lässt die Erinnerung an eine Zeit ohne Krankheit aufleben, trägt so zum Verarbeitungsprozess bei. Sie wirkt angst- und schmerzlindernd, kann eine Ablenkung sein oder den Kontakt zum Leben fühlen lassen.

 

Musik kann in ihrer Erinnerungsfunktion dabei helfen, mit sich selbst ins Reine zu kommen, Frieden mit sich selbst zu schließen.

 

Manche Gäste befassen sich in den Wochen vor ihrem Tod damit, ihre Beerdigung zu planen und beschäftigen sich mit der Liedauswahl für ihre Trauerfeier. Es besteht die Möglichkeit, eine musikalische Biografie zu erstellen, um ein Erinnerungsstück zu hinterlassen.

 

Gemeinsames Singen hilft den Gästen nach langen Krankenhausaufenthalten noch einmal Kontakt zum Leben zu spüren und Gemeinsamkeit zu erfahren. Je nach Gesundheitszustand wird auf dem Flur getanzt und geschunkelt.

Die letzten Stunden

 

Tritt die (Prä-)Finalphase ein (die letzten 72 Stunden des Lebens), findet die musiktherapeutische Begleitung ausschließlich in der Einzelbegleitung statt. Je nach Situation können Zugehörige eingebunden werden. Die musikalische Begleitung richtet sich mehr nach dem Konzept der Basalen Stimulation © aus. Ruhige Klänge (z.B. Naturgeräusche wie Meeresrauschen, Regenklang) werden im Atemrhythmus des Gastes gespielt. Unruhe und Ängste können so gemindert werden. Der Sterbende wird dabei unterstützt, zur Ruhe zu kommen.

 

So ironisch wie es klingen mag: in dieser Phase können auch Schlaflieder gesungen werden. Schlaflieder sind in der Regel die ersten Lieder, die uns als Kind prägen. Deswegen sind sie tief in uns verankert. Für gewöhnlich verbinden wir mit diesen Liedern das Bild der Mutter an der Kinderwiege – deswegen vermitteln sie uns Sicherheit, Geborgenheit und letztendlich das Gefühl, loslassen zu dürfen.

 

Auch Zugehörige werden bei der Arbeit mit Sterbenden einbezogen und begleitet. Musik hilft dabei, die Trauer auszudrücken und wirkt zugleich tröstend. Als Trauersängerin begleite ich auch Trauer- und Abschiedsfeiern für Verstorbene.

Koshi - Musikalische Begleitung des Sterbeprozesses